[Rezension] Spottorno/Abril – Der Riss

[Rezension] Spottorno/Abril – Der Riss

Titel: Der Riss | Autoren: Carlos Spottorno & Guillermo Abril | Verlag: Avant-Verlag | ISBN: 978-3-945034-65-1

Worum geht’s?

Die Ausgangssituation

Seit 2015 die sog. Flüchtlingswelle Europa und schließlich Deutschland erreichte, ist das Thema Dauerbrenner in den Medien. Man konnte sehen, wie die viel gefeierte Willkommenskultur in die in Deutschland viel bekanntere Ausländerfeindlichkeit und offenen Rassismus umschlug. Rechtspopulistische Parteien und Strömungen wie die AfD, die vorher schon mit rassistischen Aussagen für Aufmerksamkeit sorgte, oder auch Pegida erhielten mehr und mehr Zulauf.

Bei diesem Bild bekomme ich immer wieder eine Gänsehaut

Fotojournalisten auf Reisen

Die Journalisten Carlos Spottorno und Guillermo Abril reisten sich für eine Reportage über Flüchtlinge und Fluchtursachen zunächst in „ein Stückchen Spanien in Afrika namens Melilla“ und recherchierten über die Mittelmeeroute. Doch es blieb nicht bei diesem Ort. Sie begaben sich an die südeuropäischen Außengrenzen, osteuropäischen Außengrenzen und schließlich auch in den Norden der EU nach Finnland. Sie trafen auf Flüchtlinge, Militär, Grenzschützer und Anwohner. Sie fanden nicht nur traurige Überreste gesunkener Flüchtlingsboote, die man höchstens als baufällige Kähne bezeichnen kann, sondern auch auf ganz andere Konflikte in Europa, die in den gängigen Medien kaum Beachtung finden, und die dennoch auch mit dem Umgang mit Flüchtlingen zu tun haben. Die verstärkte Sicherung der Grenzen in der Ukraine bspw. hat weniger mit ankommenden Flüchtlingen als vielmehr der Angst vor einem neuen Angriff Russlands zu tun. Auch Finnland steht Russland skeptisch gegenüber, was mit der Geschichte des Landes zu tun hat. Wer übrigens denkt, so weit im Norden, in der Kälte und über unwegsamen Gelände kommen keine Flüchtlinge an, irrt: Das letzte Bild der Reportage ist ein Bild von gerade angekommenen Flüchtlingen. Als Beschreibung steht dort:

“Eine afghanische Familie und zwei Kameruner sind dicht gedrängt in einem Lada angekommen. Es sind seltsame Reisegefährten…Si lassen sich vor der Grenze fotografieren. Ihre Gesichter, ihre Kleidung, der Koffer und der Schnee um sie herum sprechen für sich. Es ist, als schaue man ein einen Spiegel. Wer sie anblickt, sieht in Wirklichkeit die Welt, die wir sind.

Man sieht den Orient und seine Kriege. Das Elend in Afrika. Im Hintergrund Russland. Und man sieht auf der anderen Seite Europa, einen sicheren, friedlichen Ort: die Union, den Traum von Frieden, den Reichtum. Und auch all seine Risse. Man sieht das Vereinigte Königreich mit einem Fuß draußen und die USA mit einem Präsidenten in voller Involution. Die Mauern, die zwischen den Ländern emporwachsen. Das Aufleben das Nationalismus. Und eine militärische Sprache. Sie klingt kriegerisch. Und erbittert. Stimmen warnen vor einem Dritten Weltkrieg. Manche behaupten gar, er habe bereits begonnen.”

Strandgut; (c) Avant-Verlag

Wie war’s

Ich kann gar nicht viel dazu sagen, ich bin auch einige Wochen nach der Lektüre noch tief beeindruckt und ich muss nur das Buch wieder aufschlagen um emotional durchgeschüttelt zu werden. Die Fotos, die passenden Texte, die einzelnen Geschichten… ich habe mehr als einmal geheult und noch öfter eine Gänsehaut gehabt.

Die Fotos sind alle so bearbeitet, dass die Farben ihre Leuchtkraft einbüßen. Über der gesamten Reportage lagert so das Gefühl, dass etwas nicht stimmt, dass der Ruf der Europäischen Union, ein stabiler Wirtschaftsraum voller Frieden zu sein, Risse bekommen hat. Aber nicht nur innerhalb der EU tun sich Abgründe auf, der Riss zieht sich auch deutlich zwischen der EU und dem Rest der Welt, besonders jenem Teil, aus dem die meisten Flüchtlinge kommen.

Wie gesagt, viel kann ich nicht sagen ohne die Wirkung der Reportage zu schmälern. Man muss sie selbst lesen um zu begreifen, warum ich sie so großartig finde und was sie für mich bedeutet. Lest sie. Und dann fragt mich nochmal, warum ich so politisch unterwegs bin.

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DER RISS VIDEO from Carlos Spottorno on Vimeo.


Vielen Dank an den Avant-Verlag für das Rezensionsexemplar und für die Bereitstellung einiger Fotos.

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3 thoughts on “[Rezension] Spottorno/Abril – Der Riss

  1. Hi ?
    Vielen Dank für diese Besprechung, ich werde mir den Band auf jeden Fall näher ansehen! Ich habe gerade “Der Traum von Olympia” gelesen, darin wird ein ähnliches Thema behandelt. Kennst du es schon? Meine Reiz geht allerdings erst morgen online.

    Liebe Grüße,
    Sandra

    1. Hallo Sandra,

      “Der Traum von Olympia” hatte ich schon ein paar mal in der Hand, aber irgendwie reizte mich das nicht. Ich gucke mir aber gleich deine Rezension an, vielleicht überzeugst du mich ja 😉

      Hab noch einen schönen Sonntag,
      Mareike

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